Kritik «der neue Merker» 11/2019:
CD / Arno Argos Raunig - MOZART CASTRATO ARIAS
Symphony Orchestra Sofia, Dirigent - Paul Weigold
Die am 29.9. 2019 von der Farinelli Company in der Galerie Wohlleb präsentierte CD mit einer live-Darbietung einzelner Nummern daraus war so vergnüglich, wie es die Anhörung der 12 Mozart-Arien ist.
Was gewiss nicht alle Mozart-Liebhaber wissen, darüber klärt uns die Beilage zur CD auf: „Durch sein komplettes Vokalwerk bis hin zu seiner letzten Oper („La Clemenza di Tito“) spielt die Kastratenstimme eine entscheidende Rolle. Das unverwechselbare Timbre eines Kastraten war ein wesentlicher Bestandteil des Mozartschen kompositorischen Denkens und Klangbildes.“ 11 der hier präsentierten Arien sind für Kastratenstimmen komponiert und es werden sogar die Namen der jeweiligen Uraufführungssänger genannt, darunter Vincenzo dal Prato als Idamante 1781 und Domenico Bedini als Sextus 1791.
Wie ich gerade erst beim „Titus“ im Theater a.d.Wien (siehe S. 9) wieder feststellen konnte, gewinnt der Charakter des seelisch zerrissenen Sesto an Glaubwürdigkeit, wenn eine Männerstimme seiner leidvollen Situation Ausdruck verleiht. Ebenso gewinnt der Idamante als Figur durch einen so trefflichen „Counter“. Arno Raunigs seit seinen Sängerknabentagen immer besonders hoch gelagerte Stimme eignet sich für Mozart besonders, weil sie auch seinen belkantesken Anforderugen entspricht, geschmeidig, ungekünstelt virtuos und in allen Lagen sattelfest ist. Wir hören neben den schon genannten je 2 Arien aus „La finta giardiniera“, „Mitridate“, „Il re pastore“ und die Arie des Cecilio „Quest‘ improvviso tremito“ aus „Lucia Silla“. Dazu hat sich Raunig einen besonderen Spaß erlaubt: Mit dem von Mozart definitiv für einen Mezzo geschriebenen „Voi che sapete“ aus „Figaros Hochzeit“, lässt er einen Cherubino hören, der in seinem jugendlichen Liebesverlangen diese Kantilene wie in einem einzigen Atemzug geradezu betörend belcantesk zum Besten gibt. Auf die Opernbühne wird man ihn dazu ja leider nicht einladen. Dass ihn auch der Rosenkavalier gereizt hätte, hat der Sänger mehrmals geäußert.
Das bulgarische Orchester unter Paul Weigold begleitet bzw. trägt die Singstimme ganz wunderbar und darüber hinaus kommunizieren sie lebhaft miteinander, sodass in allen Musiknummern lebendige Musikdramatik vermittelt wird. (Aufgenommen: Bulgarian National Radio, studio 1. - Kontakt: www.arnoargos.com)
Sieglinde Pfabigan
«der neue Merker» 11/2019